
Als Gegengewicht entwickelte Janieke ein interaktives Experiment: Mithilfe eines digitalen Tools können Bürger*innen eigene Botschaften kreieren und sie direkt in ein Schaufenster projizieren. So entstehen partizipative Flächen, die persönliche Meinungen, Werte und Ziele der Kieler Bürger*innen transportieren.



Entworfen wurden „Haltestellen“, die sowohl zum Verweilen als auch zu aktiver Bewegung einladen, um dem allgemeinen „Einkaufsstrom“ für eine Weile zu entfliehen.
Labor 2042
Visionäre Gestaltung von urbanen Räumen
Lebendige Innenstädte, Bereiche zum Verweilen? Schon lange sind die Zentren Sorgenkinder vieler Kommunen: Leerstände, Fluktuation und homogene Reihen von Filialisten anstelle identitätsstiftender Stadtbilder. Fehlende Aufenthaltsqualität und Individualität reduzieren das Besuchserlebnis meist auf den Konsum, ohne Raum für soziale Interaktion und Teilhabe werden sie weiter veröden. Und die Corona-Krise zeigt sehr deutlich, dass digitale Räume kein ausreichender Ersatz für das reale Miteinander sind. Gleichzeitig stecken in der geschickten Verknüpfung städtischer Infrastruktur und digitaler Technologien enorme Potenziale. Stadtspezifische Gestaltungschancen sollten daher nicht ungenutzt bleiben.
Die Rolle des öffentlichen Raums für demokratische Aushandlungsprozesse und ein soziales Miteinander unterliegt in Städten einem kontinuierlichen Wandel. Erfolgreiche Beispiele für zukunftsweisende Stadtentwicklung, die ein hohes Augenmerk auf Teilhabe und Aufenthaltsqualität legen, gibt es z.B. in Kopenhagen und Århus (siehe u.a. https://www.dki.lv/urb-cultural-planning-urban-lab-copenhagen/ und https://godsbanen.dk/english/).
Die Stadt als Möglichkeitsraum
Die Frage nach den lebendigen Innenstädten der Zukunft war der Ausgangspunkt für „Labor 2042“ in Kooperation mit dem „Zukunftsdialog 2042“ der Landeshauptstadt Kiel. Der Fachbereich Raumstrategien setzt sich mit der Gestaltung städtischer Wirkungsgefüge auseinander. Er stellt die Raum-Mensch-Beziehungen in ihrer Komplexität in den Mittelpunkt und denkt die möglichen Qualitäten des öffentlich-urbanen Raumes neu. Im Zuge des Projekts „Labor 2042 // Flämische Straße“ zogen die Masterstudierenden mit ihren Professor*innen in einen Leerstand im Kieler Stadtzentrum. Ausgehend von diesem realen Szenario formulierten sie konkrete Fragestellungen: Was macht die Stadt gleichermaßen gesellschaftlich und ökonomisch zukunftsfähig? Was sind Nutzungen, die Innenstädte wirtschaftlich aufwerten, aber nicht ausschließlich auf Konsum hinauslaufen? Wie lassen sich Städte begrünen, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen? Wie werden Informationen in einer Stadt digital und analog besser lesbar? Welche Strategien braucht man, damit öffentliche Räume interessant werden und den Bürger*innen echte Partizipation ermöglichen? Gedankenanstöße und Feedback bekamen sie dabei von Tina Saaby (frühere Stadtarchitektin von Kopenhagen, heute Stadtarchitektin Gladsaxe, Region Greater Kopenhagen) und Felix Schmuck (Leiter Innenstadtentwicklung, Landeshauptstadt Kiel).
Die Studierenden entwickelten innovative Nutzungsformen und Gestaltungskonzepte
und erprobten sie im Stadtzentrum von Kiel. Wie reagieren Passanten, wenn ihnen Informationen zu ökologischen Fragestellungen auf ihrem Weg folgen, wie im Falle des filmischen Konzepts für das Projekt „Microfaser“? Wie können Parkplätze zu grünen Verweilorten werden? Was sind mögliche Zwischennutzungen für Baustellen? Können sie als temporäre Spielplätze dienen? Oder „wie schmeckt eigentlich Kiel?“ fragte das Projekt „Space Kitchen 2042“. Nach Ladenschluss wurden verschiedene Geschäftsräume lebendige Orte des gemeinsamen Essens und Austauschs über die Stadt. Andere Konzepte erdachten neue Räume für besondere Augenblicke jenseits des Konsums: So lud z.B. eine „Fußgängerhaltestelle“ am Asmus-Bremer-Platz Passant*innen ein, an einem Bewegungsangebot teilzunehmen. Die abschließende Ausstellung forderte sie spielerisch zum Mitmachen und Mitdenken auf.
Leider bremste der erste Lockdown die konkrete Erprobung der meisten Konzepte aus, so dass die Antworten auf die eingangs beschriebenen Fragen vorerst theoretischer Natur bleiben mussten. Das Stellen der richtigen Fragen ist jedoch immer der erste Schritt für das Finden hilfreicher Antworten. Und die Formulierung dieser Fragen ist die Kernkompetenz von Gestalter*innen. Als Projektergebnis entsteht eine Publikation mit zehn wichtigen „Fragen an die Stadt“. Sie zeigen anhand der entstandenen Konzepte, wie neue und bekannte Potenziale des städtischen Raumes vorstell- und nutzbar werden können. Und sie beschreiben, wie sich Städte so entwickeln können, dass sie auch im Jahr 2042 lebenswert sind.
Fachbereich:
Raumstrategien
Projektpartner*innen:
Landeshauptstadt Kiel (Zukunftsdialog Kiel 2042)
Weitere Informationen:
Betreut wurde das Projekt von Gastprofessorin Frauke Gerstenberg (Link Raumlabor Berlin), Prof. Mag. Arch. Christian Teckert, Prof.in Dr. Sandra Schramke, und Prof. Dipl.-Ing. Manfred Schulz
Studierende:
Olivia Al-Hadry, Aurel Amzai, Janieke Bekasinski, Martina del Bel, Nanyu Chen, Nora Janizzi, Franziska Kocks, Frank Lindenau, Sarah Minkiewicz, Leonie Steudle, Dennis Oliver Thede, Thies Warnke